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Antidumpingzoll – und die Einfuhr gleichartiger Waren aus einem anderen Drittland

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Die Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 eingeführten Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht, ist keine unverhältnismäßige Maßnahme und verletzt weder Grundrechte des Importeurs gemäß der EU-Grundrechtecharta auf Unternehmensfreiheit oder Freiheit der Berufsausübung noch das Diskriminierungsverbot.

Mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 des Rates vom 26.01.2009 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China wurde auf die Einfuhren vorgenannter Waren (u.a. Waren der Unterpos. 7318 14 91 der Kombinierten Nomenklatur -KN-) ein endgültiger Antidumpingzoll eingeführt.

Mit Art. 1 der Verordnung (EU) Nr. 966/2010 der Kommission vom 27.10.2010 zur Einleitung einer Untersuchung betreffend die mutmaßliche Umgehung der mit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 des Rates eingeführten Antidumpingmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China durch aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht, und zur zollamtlichen Erfassung dieser Einfuhren wurde eine Untersuchung gemäß Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates vom 30.11.2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern eingeleitet, um festzustellen, ob mit den Einfuhren aus Malaysia versandter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl in die Union (u.a. Waren der Unterpos. 7318 14 91 KN) die mit der VO Nr. 91/2009 eingeführten Maßnahmen umgangen werden. Nach Art. 2 Satz 1 VO Nr. 966/2010 wurden die Zollbehörden angewiesen, geeignete Schritte zu unternehmen, um die in Art. 1 VO Nr. 966/2010 genannten Einfuhren in die Union zollamtlich zu erfassen.

Mit Art. 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 723/2011 des Rates vom 18.07.2011 zur Ausweitung des mit der Verordnung (EG) Nr. 91/2009 eingeführten endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China auf aus Malaysia versandte Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht wurde der auf „alle übrigen Unternehmen“ im Sinne der VO Nr. 91/2009 anwendbare Antidumpingzoll auf die aus Malaysia versandten Einfuhren bestimmter Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl (u.a. Waren der Unterpos. 7318 14 91 KN) ausgeweitet.

Auf die zur Unterpos. 7318 14 91 KN gehörenden Einfuhrwaren ist zu Recht Antidumpingzoll festgesetzt worden. Nach Art. 1 Abs. 1 VO Nr. 723/2011 ist der mit Art. 1 Abs. 2 VO Nr. 91/2009 für (u.a.) Waren der vorliegenden Art eingeführte endgültige, auf „alle übrigen Unternehmen“ anwendbare Antidumpingzoll auf die aus Malaysia versandten Einfuhren, ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht, ausgeweitet worden. Wie das Finanzgericht zu Recht entschieden hat, kommt es nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift nicht darauf an, dass die aus Malaysia versandten Einfuhrwaren des Streitfalls Ursprungserzeugnisse Malaysias sind. Zu den gemäß Art. 1 Abs. 1 VO Nr. 723/2011 von der Ausweitung des Antidumpingzolls ausgenommenen Unternehmen gehört der malaysische Lieferant der Klägerin nicht. Nach Art. 1 Abs. 3 VO Nr. 723/2011 wird der ausgeweitete Antidumpingzoll auch auf die aus Malaysia versandten Einfuhren erhoben, die -wie im Streitfall- gemäß Art. 2 VO Nr. 966/2010 zollamtlich erfasst wurden. Die Voraussetzungen des Art. 220 des Zollkodex für die nachträgliche buchmäßige Erfassung der bei der Einfuhr zunächst nicht erhobenen Einfuhrabgaben sind erfüllt.

Nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 VO Nr. 1225/2009 können Antidumpingzölle (u.a.) auf die Einfuhren der gleichartigen Ware aus Drittländern ausgeweitet werden, wenn eine Umgehung der geltenden Maßnahmen stattfindet. Nach Satz 3 der Vorschrift ist als Umgehung eine Veränderung des Handelsgefüges zwischen den Drittländern und der Gemeinschaft oder zwischen einzelnen Unternehmen in dem von Maßnahmen betroffenen Land und der Gemeinschaft anzusehen, die sich aus einer Praxis, einem Fertigungsprozess oder einer Arbeit ergibt, für die es außer der Einführung des Zolls keine hinreichende Begründung oder wirtschaftliche Rechtfertigung gibt, und wenn Beweise für eine Schädigung oder dafür vorliegen, dass die Abhilfewirkung des Zolls im Hinblick auf die Preise und/oder Mengen der gleichartigen Ware untergraben wird, und wenn erforderlichenfalls im Einklang mit Art. 2 VO Nr. 1225/2009 ermittelte Beweise für Dumping im Verhältnis zu den Normalwerten, die für die gleichartige Ware vorher festgestellt wurden, vorliegen. Als eine „Praxis“ im vorstehenden Sinn gilt nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 VO Nr. 1225/2009 (u.a.) der Versand der von Maßnahmen betroffenen Ware über Drittländer.

Wie sich aus den Erwägungsgründen Nrn. 22 ff. und 31 ff. der VO Nr. 723/2011 ergibt, ist nach dem Ergebnis der dem Erlass dieser Verordnung vorangegangenen Untersuchung eine Umgehung des mit der VO Nr. 91/2009 eingeführten Antidumpingzolls i.S. des Art. 13 Abs. 1 VO Nr. 1225/2009 durch den Versand der betroffenen Waren über Malaysia festgestellt worden. Anhaltspunkte für die Annahme, diese Feststellungen seien unzutreffend oder die festgestellten Tatsachen seien fehlerhaft beurteilt worden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Rat war somit nach Art. 13 Abs. 1 VO Nr. 1225/2009 berechtigt, die geltenden Maßnahmen auf die Einfuhren gleichartiger Waren aus Malaysia auszuweiten.

Wird eine Umgehung geltender Antidumping-Maßnahmen festgestellt, ist der Rat im Rahmen der ihm nach der VO Nr. 1225/2009 zur Verfügung stehenden Gegenmaßnahmen nicht auf bestimmte Maßnahmen beschränkt. Vielmehr verfügt er in diesem Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union wegen der Komplexität der zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen.

Den Regelungen in Art. 13 VO Nr. 1225/2009 über die Möglichkeiten der Ausweitung eines eingeführten Antidumpingzolls im Fall seiner Umgehung durch den Versand der betroffenen Waren über Drittländer lässt sich nichts für die seitens der Revision vertretenen Ansicht entnehmen, der Ermessensrahmen des Verordnungsgebers sei insoweit beschränkt, als der Antidumpingzoll nur auf Einfuhren bisher betroffener Ursprungswaren ausgeweitet werden dürfe, die über andere Drittländer in die Union ausgeführt werden, nicht aber auf Ursprungswaren dieser anderen Drittländer. Vielmehr ist auch die Ausweitung des Antidumpingzolls auf Einfuhren der gleichartigen Ware mit Herkunft aus einem anderen Drittland nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO Nr. 1225/2009 möglich.

Auch in Anbetracht der Freiheits- bzw. Gleichheitsrechte der Importeuere gemäß der Grundrechtecharta i.V.m. dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann nicht angenommen werden, der Verordnungsgeber habe sein Ermessen missbraucht, indem er den Antidumpingzoll „auf die aus Malaysia versandten Einfuhren (…), ob als Ursprungserzeugnisse Malaysias angemeldet oder nicht“ ausweitete.

Insoweit kann schon nicht der Ansicht gefolgt werden, die Ausweitung des Antidumpingzolls greife „in den Schutzbereich der (…) Grundrechte auf Unternehmensfreiheit, Berufsfreiheit sowie in das Diskriminierungsverbot ein, ohne dass dies weiterer Ausführungen bedarf“. Da die Revision offenbar nicht geltend machen will, der malaysische Ausführer sei Träger dieser Grundrechte und werde in diesen Rechten verletzt, hätte es durchaus „weiterer Ausführungen“ bedurft, weshalb die Klägerin durch die Erhebung des Antidumpingzolls in unzulässiger Weise diskriminiert wird (Art. 21 Grundrechtecharta) oder in ihrer Berufsfreiheit (Art. 15 Grundrechtecharta) bzw. unternehmerischen Freiheit (Art. 16 Grundrechtecharta) unzulässig beeinträchtigt wird. Dass die Einführer der vom Antidumpingzoll betroffenen aus Malaysia bezogenen Waren diese Abgabe wegen eines in Art. 21 Grundrechtecharta aufgeführten unzulässigen Differenzierungsmerkmals entrichten müssen, ist ebenso wenig erkennbar wie eine berufsregelnde bzw. auf die Unternehmensfreiheit zielende Tendenz der Ausweitung des Antidumpingzolls. Die Einführung sowie die Ausweitung eines Antidumpingzolls sind handelspolitische Maßnahmen, die sich gegen unfaire, zu Marktverzerrungen in der Union führende Handelspraktiken bestimmter Hersteller/Ausführer in bestimmten nicht zur Union gehörenden Ländern richten, die von dort ihre Waren zu Dumpingpreisen in die Union ausführen. Das Ziel von Antidumpingzöllen ist die Erhöhung der Einfuhrpreise für gedumpte Waren auf ihren sog. Normalwert, um Schädigungen eines Wirtschaftszweigs der Union durch eingeführte Dumpingwaren zu vermeiden. Eingriffe in die Berufs- bzw. Unternehmensfreiheit in der Union ansässiger Importeure sind weder das Ziel noch die unvermeidbare Folge von Antidumpingzöllen. Weder das Recht auf Berufsfreiheit noch das Recht auf unternehmerische Freiheit schützen davor, auf gesetzlicher Grundlage erhobene Abgaben entrichten zu müssen, es sei denn, diese haben eine sog. erdrosselnde Wirkung, wovon im Fall eines die Einfuhrpreise auf einen Normalwert anhebenden Antidumpingzolls jedoch keine Rede sein kann.

Jedenfalls ist die Ausweitung des Antidumpingzolls durch die VO Nr. 723/2011 keine unverhältnismäßige Maßnahme i.S. des Art. 52 Abs. 1 Satz 2 Grundrechtecharta.

Der Verordnungsgeber hätte zwar Ausnahmen vom ausgeweiteten Antidumpingzoll für Fälle vorsehen können, in denen der Nachweis erbracht wird, dass die Einfuhrwaren nicht von einem chinesischen, sondern einem malaysischen Unternehmen hergestellt wurden. Um die Ausweitung des Antidumpingzolls auf das zur Verhinderung von Umgehungspraktiken Notwendige zu beschränken, besteht allerdings nach Art. 13 Abs. 4 VO Nr. 1225/2009 auch die Möglichkeit, Unternehmen des Ausfuhrlands, die nicht an Umgehungspraktiken beteiligt sind, auf Antrag Befreiung zu gewähren. Von dieser Möglichkeit ist sowohl mit der VO Nr. 966/2010 als auch mit der VO Nr. 723/2011 in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht worden.

Wie sich aus den Erwägungsgründen Nrn. 22 bis 26 bzw. Nrn. 31 ff. der VO Nr. 723/2011 ergibt, waren seit der Einführung der Antidumpingmaßnahme im Jahr 2009 die Einfuhren betroffener Waren aus China erheblich zurückgegangen, während die Einfuhren solcher Waren aus Malaysia um das Zehnfache gestiegen waren, und es hatten während der Untersuchung einer mutmaßlichen Umgehung des Antidumpingzolls einige malaysische Ausführer nicht kooperiert bzw. andere malaysische Ausführer über ihre Geschäftsbeziehungen zu chinesischen Herstellern, über Einfuhren aus China und über den Ursprung von Ausfuhren der untersuchten Ware irreführende Angaben gemacht und den Ursprung der aus der Volksrepublik China nach Malaysia eingeführten Waren bei deren Wiederausfuhr in betrügerischer Weise verschleiert. Unter diesen Umständen sowie unter Berücksichtigung der Regelungen des Art. 18 VO Nr. 1225/2009 handelte der Verordnungsgeber nicht unverhältnismäßig, indem er den Antidumpingzoll auf alle aus Malaysia versandte Verbindungselemente aus Eisen oder Stahl ohne Rücksicht auf ihren Ursprung ausweitete und es den malaysischen Ausführern überließ, Anträge auf Befreiung zu stellen und dabei nachzuweisen, nicht an Umgehungspraktiken beteiligt zu sein.

Soweit die Revision einen Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze sowie den Grundsatz von Treu und Glauben mit der Begründung geltend macht, ein Streitbeilegungsgremium der WTO habe die Unvereinbarkeit des Art. 9 Abs. 5 VO Nr. 1225/2009 mit dem WTO-Übereinkommen und dem WTO-Antidumpingübereinkommen festgestellt, bezieht sie sich offenbar auf einen Bericht des Streitbeilegungsgremiums, der zu der Verordnung (EU) Nr. 765/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.06.2012 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1225/2009 des Rates über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern geführt hat. Inwieweit die Änderung des Art. 9 Abs. 5 VO Nr. 1225/2009 durch vorgenannte Verordnung Bedeutung für die im vorliegenden Fall streitige Ausweitung des Antidumpingzolls durch die VO Nr. 723/2011 hat, ist allerdings nicht erkennbar.

Jedenfalls gehören nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die Übereinkünfte der WTO wegen ihrer Natur und ihrer Systematik grundsätzlich nicht zu den Normen, an denen die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Unionsorgane zu messen ist. Eine Antidumpingverordnung kann daher grundsätzlich nicht im Hinblick auf das Antidumping-Übereinkommen, wie es durch Empfehlungen des Streitbeilegungsgremiums ausgelegt wurde, geprüft werden.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. August 2015 – VII R 41/13


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